Nicht ganz alltägliche Teenagersorgen

Movie-Kritik: La Famille Bélier
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© Praesens Film

Auf den ersten Blick scheint die Familie Bélier ganz normal zu sein. Doch bei genauerem Hinsehen stellt sich heraus, dass alle ausser der 16-jährigen Paula (Newcomerin Louane Emera) taub sind. So ist Paula also das Bindeglied zwischen der Aussenwelt und ihrer Familie, indem sie alles in die Gebärdensprache übersetzt und umgekehrt. Eines Tages tritt Paula dem Schulchor bei, um dem tristen Alltag etwas zu entkommen und sich ihrem Schwarm Gabriel (Ilian Bergala) zu nähern. Ihr Lehrer, Monsieur Thomasson (Eric Elmosnino), ist auf Anhieb beeindruckt von ihrer Stimmgewalt und beschliesst, ihr Talent zu fördern. Als erstes soll sie am Abschlussfest ihrer Schule ein Duett mit Gabriel singen und als ob das nicht genug wäre, noch an einem Gesangswettbewerb des Radio France teilnehmen. Der Gewinn wäre die Zulassung an eine renommierte Musikschule in Paris. Doch nun ist Paula in der Zwickmühle: Soll sie ihrem Traum folgen oder weiterhin Übersetzerin für ihre Familie sein? 

 

 

Paula und ihr Schwarm Gabriel.

 

Mit «La Famille Bélier» ist Regisseur Eric Lartigau wirklich ein Coup gelungen. Die Thematik ist einfach, wird aber gekonnt, beschwingt und sehr amüsant umgesetzt. Paula verkörpert den typischen 16-jährigen Teenager, der bloss nicht beim Erwachsenwerden gestört werden will aber die Familie trotzdem braucht. In diesem Fall ist es extrem witzig, verabschiedet sich Paula doch jeweils mit einem lauten «Tschüss, ihr Spinner» von ihrer tauben Sippschaft oder muss beim Arzt die mit Gebärden ausgedrückten Sexprobleme ihrer Eltern erläutern. 

 

Es ist richtig erfrischend, für einmal im Kino nicht die üblichen Hollywood-Shootingstars zu sehen, sondern (in der Deutsch-Schweiz) relativ unbekannte Gesichter. Es macht einfach Spass, diesem Ensemble dabei zuzusehen, wie sie sich durch den ganz normalen Familien-Wahnsinn auf ihrem kleinen Bauernhof in Frankreich spielen. 

 

 

Paula hilft ihrem Vater bei der täglichen Arbeit. 

 

Wie in jedem Familienfilm gibt es auch hier rührende, aber keinesfalls kitschige Szenen. Die Abnabelung wird durch die französischen Lieder wunderschön musikalisch untermalt. Es gibt noch eine Besonderheit: während des Duetts am Abschlussfest fällt der Ton für den gesamten Chanson aus, sodass wir für eine kurze Zeit nachfühlen können, wie es wäre, taub zu sein. 

 

Inzwischen scheint relativ deutlich: die besten Komödien kommen mittlerweile aus Frankreich. Sie bestechen durch ungewöhnliche Freundschaften wie in «Les Intouchables» oder zeigen, wie Personen unterschiedlichen Dialekts trotzdem prächtig miteinander auskommen wie in «Bienvenu Chez Les Ch’tis». In dieser Reihe kann sich «La Famille Bélier» prächtig behaupten. 

 

Nach diesem Film freut man sich noch mehr über jedes Vogelgezwitscher als sonst. 

  • La Familie Belief (Frankreich/Beglien 2014)
  • Regie: Eric Lartigau
  • Darsteller: Louane Emera, Ilian Bergala, Eric Elmosino, 
  • Laufzeit: 105 Minuten
  • Kinostart: 12. März 2015

 

Jasmin Ballmert / Mi, 11. Mär 2015